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TripleSix
15.02.2009, 12:55
ERDERWÄRMUNG

Rasanter Anstieg der CO2-Emissionen schockiert Klimaforscher

Aus Chicago berichtet Markus Becker (markus_becker@spiegel.de)

Beunruhigende Daten vom Weltklimarat: Der Ausstoß von CO2 ist von 2000 bis 2007 viel stärker gewachsen als prognostiziert - ein Grund ist der rasch wachsende Energieverbrauch in Schwellenländern. Mögliche Folgen: die beschleunigte Permafrost-Schmelze und Feuersbrünste in den Tropen.

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Field war einer der Hauptautoren des letzten IPCC-Sachstandsberichts, der im Februar 2007 mit düsteren Warnungen vor einer globalen Klimakatastrophe tagelang die Schlagzeilen beherrschte. Doch das, so die Botschaft von Fields und seinen Kollegen, sei nur eine leise Ouvertüre gewesen im Vergleich zu dem, was wahrscheinlich noch kommen wird. Seit dem Jahr 2000, referierte Field, seien die Kohlendioxid-Emissionen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe um durchschnittlich dreieinhalb Prozent pro Jahr gestiegen - dreimal so schnell wie zwischen 1990 und 1999. "Inzwischen liegen die Prognosen des menschlichen CO2-Ausstoßes außerhalb dessen, was man bei der Erstellung des IPCC-Berichts von 2007 für möglich gehalten hätte", meint Field. "Wir haben es in der Zukunft mit einem Klima zu tun, das weit über alles hinausgeht, was wir auf Basis von Simulationen bisher ernsthaft erwogen haben."

Der Hauptgrund für den rasanten Anstieg der CO2-Emissionen sei die immer schneller um sich greifende Nutzung von Kohle zur Energiegewinnung, insbesondere in bevölkerungsreichen Schwellenländern wie Indien und China. Hinzu kämen neue, beunruhigende Erkenntnisse über CO2-Emissionen aus der Natur selbst, ausgelöst durch die vom Menschen verursachte Erwärmung. Solche gefährlichen Rückkopplungseffekte befürchten Forscher etwa von den gewaltigen Flächen an Permafrostboden: Sollten sie auftauen, würden ungeheure Mengen an Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre gelangen.

Eine aktuelle Schätzung besagt laut Field, dass in den Permafrostböden der Welt rund eine Billion Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind. Zum Vergleich: Die Menge an Kohlendioxid, die seit Beginn der Industrialisierung vom Menschen in die Luft geblasen wurde, liegt bei 350 Milliarden Tonnen. Das entspricht knapp 100 Milliarden Tonnen reinem Kohlenstoff - also weniger als einem Zehntel dessen, was in den Permafrostböden lagert.

Zudem warnte Field vor verheerenden Feuersbrünsten in tropischen Regenwäldern. "Normalerweise sind diese Wälder nahezu unentflammbar", so der Forscher. "Aber wenn sie durch die steigenden Temperaturen nur ein kleines bisschen austrocknen, könnten äußerst große und zerstörerische Brände die Folge sein." Es zeichne sich immer deutlicher ab, dass viele Waldgebiete, die der Atmosphäre früher Kohlendioxid entzogen haben, durch den Klimawandel inzwischen zu CO2-Quellen geworden sind.

Steigende Emissionen, weniger tolerante Natur

Schon 2007 kam der Uno-Klimarat zu dem Ergebnis, dass durch solche Rückkopplungseffekte 500 bis 1000 Milliarden Tonnen CO2 zusätzlich in die Luft gelangen könnten. Doch seit der Veröffentlichung des Reports sei das Bild noch düsterer geworden, so Field. "Es sieht mittlerweile so aus, dass die Emissionen noch schneller steigen und die Natur ihnen gegenüber weniger tolerant ist, als wir dachten."

Als zunehmend kontraproduktiv erweist sich auch die steigende Nutzung der einst als Klimaretter gefeierten Biokraftstoffe. Zwischen 2000 und 2007 hat sich die globale Produktion von Ethanol vervierfacht und die von Biodiesel verzehnfacht, sagt Fields Kollegin Holly Gibbs von der Stanford University in Kalifornien. Möglich gewesen sei das nur, weil in den Tropen gewaltige Regenwaldflächen gerodet wurden, um Platz für Biosprit-Anbauflächen zu schaffen. "Bei der Rodung und der Verbrennung der Bäume gelangt Kohlenstoff in die Atmosphäre, der lange Zeit im Regenwald gespeichert war", sagt Gibbs. Selbst wenn man für die Biosprit-Herstellung ergiebige Pflanzen wie Zuckerrohr oder Ölpalme benutze, dauere es 40 bis 120 Jahre, ehe der CO2-Ausstoß durch Einsparungen bei fossilen Brennstoffen wieder wettgemacht sei. "Benutzt man weniger ergiebige Pflanzen wie Mais oder Sojabohnen, dauert es sogar 300 bis 1500 Jahre."


Pack den Baum in den Tank

Die meisten bisherigen Studien hätten nur das Wachstum der Biosprit-Anbauflächen berücksichtigt, so Gibbs - nicht aber, woher sie eigentlich gekommen seien. Die Wissenschaftlerin hat nun eine Studie abgeschlossen, für die sie mehr als 600 Satellitenbilder der Jahre 1980 bis 2000 aus den Tropen ausgewertet hat. Das deprimierende Ergebnis: Mehr als die Hälfte der neu gewonnenen Biosprit-Flächen seien vorher unberührter Regenwald gewesen, bei 30 Prozent habe es sich um vorgeschädigte Wälder gehandelt.

"Das ist das Gegenteil dessen, was einige Biosprit-Befürworter behaupten", meint Gibbs. Zwar sei die Nutzung von Biotreibstoff durchaus sinnvoll, wenn man etwa brachliegende Böden verwendete. "Aber wenn wir weiterhin Biotreibstoffe aus den Tropen nutzen, verbrennen wir Regenwald in unseren Autos."

Von Biotreibstoffen, so das Fazit der Forscher, dürften kaum entscheidende Fortschritte im Kampf gegen die CO2-Emissionen zu erwarten sein. Was die Stromgewinnung betrifft, sieht es kaum besser aus angesichts der stark steigenden Kohlenutzung in China, Indien und anderen Schwellenländern. "Falls man den Klimagasausstoß nicht aggressiv angeht, wird die Menschheit sich auch weiterhin auf die billigste Energiequelle konzentrieren - und das ist Kohle", prophezeit Field.
Im Endeffekt habe man nun zwei Möglichkeiten: "Entweder wir fangen früher an, unsere CO2-Emissionen zu reduzieren, oder wir tun es später umso aggressiver." Im IPCC-Report von 2007 sei noch von einer "äußerst konservativen Bandbreite von Klimafolgen" die Rede gewesen, so Field. Der nächste Bericht ist für 2014 geplant - und er werde "Zukunftsszenarien mit viel größerer Erwärmung enthalten".
Quelle: spiegel.de